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Für Eltern Hintergrund

Natur: Rhythmus und Verlässlichkeit

Wie die Natur uns Eltern helfen kann, Kindern Sicherheit und Geborgenheit zu geben 
(Artikel mit Bonus-Tipp & kostenlosem Download)
In Zeiten der Unsicherheit ist die Natur eine verlässliche Partnerin.
Es ist für Kinder in Krisenzeiten schwer, das Vertrauen nicht zu verlieren. Gewohnte Abläufe und Strukturen sind zum Beispiel während mit den Schul- und Kitaschließungen abhandengekommen.

Wir Eltern müssen häufig trotzdem unserer Arbeit nachgehen, wo möglich. Nachrichten über Tod und Krankheit, über Probleme der verschiedensten Art bestimmen den Alltag, und auch die Kinder bleiben davon nicht unberührt.

Die gute Nachricht: Du bist nicht allein in all dem. Nicht nur, weil es unzählige Familien gibt, die in der gleichen Situation sind wie Du. Sondern auch, weil die Natur eine Ressource ist, auf die Du zählen kannst.

Wenn Du Dich fragst, wie Du auch in diesen chaotischen Zeiten Deinem Kind ein Stück Sicherheit und Geborgenheit vermitteln kannst, dann wisse: Die Natur ist Deine Partnerin.


Leben in Rhythmen

Die Kreisläufe der Natur sind seit Urzeiten dieselben, sie haben schon unseren Vorfahren geholfen, sich in der Welt zu orientieren und sich heimisch zu fühlen. Wir feiern verschiedene Feste wie Ostern und Weihnachten, manchmal auch die Sonnenwende und Ähnliches im Jahreskreis. Viele Familien richten ihre Aktivitäten zumindest bis zu einem gewissen Grad nach den natürlichen Rhythmen: Schwimmen im Sommer, Rodeln im Winter.

Dies sind für Kinder verlässliche Größen, die ihnen Sicherheit geben – sie wissen schon sehr früh genau, dass Plätzchen backen etwas mit dem nahenden Weihnachtsfest zu tun hat. Diese Wissen über ihre kleine Welt bestätigt die Kinder und das gibt ihnen Gewissheit.


In den universalen Kreisläufen der Natur kehrt alles immer wieder

Wenn wir genauer auf die Natur schauen, so geht dies noch weiter: Die Jahreszeiten lassen sich an Wetter ablesen; am Verhalten und Vorkommen der Tiere sowie an der Entwicklung der Pflanzenwelt ablesen.

Frühling ist eine Zeit des Aufbruchs, Sommer eine Zeit der Arbeit, Herbst eine Zeit der Fülle und der Winter eine Zeit des Rückzugs und der Ruhe – und zwar immer wieder, egal was in unserer Menschenwelt so passiert. Ich persönlich ziehe immer wieder Kraft daraus, wenn ich mich auf den Rhythmus und die Verlässlichkeit der Natur besinne. Gerade in schweren Zeiten hat mir das Wissen um die universalen Kreisläufe der Natur sehr geholfen.

Die Dinge bewegen sich in Kreisen, wie auf einem großen Rad, und ich kann mir gewiss sein, dass in der Natur alles zu seinem Zeitpunkt immer wiederkehren wird.

Vertrauen in eine positive Zukunft

Wir können nicht alles kontrollieren, was in der Welt passiert, und nur zu einem sehr geringen Anteil beeinflussen. Dies gilt für Kinder in noch viel größerem Maß als für uns Erwachsene. Es ist gerade in Zeiten der Krise und der Unsicherheit wichtig, sich dies klar zu machen. Und dann eben vorrangig die Dinge zu verändern, die in unserem Wirkungsbereich liegen. Dazu gehört auch, sich selbst zu beobachten und den eigenen Umgang mit unvorhergesehenen Ereignissen zu reflektieren.

Wir sind besser darin, schwere Zeiten durchzustehen, wenn wir fest daran glauben, dass es auch wieder besser wird – selbst wenn wir (noch) nicht genau wissen, wann und wie. Und genau hier, bei diesem Zutrauen in eine positive Zukunft, kommt die Natur ins Spiel.


Natur-Rhythmen spüren und beobachten

Besonders durch bewusste Beobachtung und Wahrnehmung der Umwelt können wir die gegebenen verlässlichen Natur-Rhythmen und Kreisläufe wieder spüren und in unser Bewusstsein bringen.

Dies ist auch mit Kindern zusammen problemlos möglich. So kannst Du mit minimalem Aufwand neue, positive Strukturen in Deinen Familienalltag bringen, die den Kindern das so notwendige Gefühl von Verlässlichkeit und Berechenbarkeit geben. Dabei geht es nicht um bahnbrechende Entdeckungen, sondern eher um kleine Rituale und einfache Beobachtungen.

Wie das geht? Hier sind ein paar Fragen als Anregung, um sofort loszulegen:

- Wie warm ist es heute, und wie ist das Wetter?

- Wie grün sind die Büsche und Bäume, und gibt es irgendwo Blüten?

- Was machen die Tiere draußen? Sind Vögel unterwegs? Singen sie, bauen sie Nester oder versorgen sie Junge?


Einfach in den Familienalltag einzubauen

Das alles lässt sich wunderbar auf Euren alltäglichen Wegen mit einbauen: Es reicht schon der morgendliche Weg zum Auto oder zum Bus , und wer mit dem Rad oder zu Fuß unterwegs ist, hat noch viel mehr und bessere Gelegenheit, zu beobachten. Doch auch, wenn Ihr mal nicht rausgehen könnt, muss das Naturbeobachten nicht ausfallen – im Prinzip reicht auch ein Blick aus dem (geöffneten ;-) Fenster.

Wenn Ihr wollt, könnt Ihr die Beobachtungen auf einem Blatt Papier oder sogar in einem kleinen Kalender festhalten, aber das ist kein Muss. Wer in die Vollen gehen will, kann auch eine Kinderuhr besorgen, bei der man Jahreszeiten, Wetter usw. einstellen kann. Aber das ist eigentlich nicht nötig.


Ritual und Austausch für Familien

Es geht vor allem darum, die Wahrnehmung zu wecken, die Sinne für wieder zu schärfen, und sich in der Familie darüber auszutauschen. Dabei kannst Du Dein Kind auf die Rhythmen und Kreisläufe der Natur hinweisen: Denn die Vögel bauen jedes Frühjahr ihre Nester, die Bäume treiben immer wieder aus. Frag´ Dein Kind nach seinen Wahrnehmungen und Empfindungen und nimm Dir Zeit für dieses Gespräch. Oft lassen sich dabei spannende Einblicke in die kleinen Kinderköpfe erhaschen, wenn sie und ihre Sicht auf die Dinge in der Welt erklären!

Suche Dir bewusst einen Platz für dieses kleine Ritual in Deinem Familienalltag: Passt es besser morgens nach dem Aufstehen, oder abends vor dem Schlafengehen? Passe diese Anregung an Deine Bedürfnisse an, mach Dir keinen Stress damit und lass Dich von Deinem Gespür für Dein Kind führen.


Kontinuitäten aufzeigen und Zuversicht wecken

Wenn Ihr diese kleinen Natur-Beobachtungen regelmäßig macht, kann das einen großen Einfluss auf die Weltwahrnehmung Deines Kindes haben: Denn im Gespräch könnt Ihr gemeinsam die Kontinuitäten feststellen, und sehen dass die Welt tatsächlich nach bestimmten wiederkehrenden Mustern funktioniert. Dieses große Bild hilft oft, Störungen im sonstigen Alltag besser einzuordnen und wegzustecken – und das ist letztlich ein vielversprechendes Werkzeug, mit dem Du Dein Kind stark und zuversichtlich machen kannst.

Doch gerade, wenn es Dir selbst vielleicht schwer fällt, Ruhe und Zuversicht zu bewahren, oder wenn Du Dich überfordert fühlst, kann das regelmäßige Naturbeobachten – und sei es auch in noch so kleinem Rahmen – dabei helfen, Deinem Kind verlässliche Strukturen und Rituale anzubieten. Nutze also die Partnerschaft, die die Natur Dir anbietet, um Deinem Kind Zuversicht und Geborgenheit zu vermitteln!


BONUS-TIPP:

Phänologie für Familien -
Naturbeobachtung im Jahreslauf

Wenn Ihr Spaß gefunden habt an der einfachen Naturbeobachtung, kannst Du auch noch einen Schritt weiter gehen und Dich mal mit der Phänologie beschäftigen. Das ist eine spannende Sache und eignet sich hervorragend für Familien, die mehr Naturverbindung suchen.

Die Kunst der Naturbeobachtung ist so alt wie die Menschheit, und das Ableiten von Regeln vermutlich fast genau so: Wer kennt nicht die eine oder andere Bauernregel? Heutzutage wird diese Kunst sogar wissenschaftlich betrieben, und aus den Bauernregeln ist die Phänologie geworden. Diese beschäftigt sich mit den Naturerscheinungen, wie sie im Jahreslauf vorkommen: Wann blühen die Apfelbäume? Wann tragen die Eichen reife Früchte? Es gibt verschiedene Leit-Erscheinungen, die unterschiedlichen phänologischen Jahreszeiten zugeordnet werden.

Du fühlst Dich selbst unsicher, weil Du die Erscheinungen und ihre Zuordnung zu den Jahreszeiten nicht so gut kennst?
Das macht nichts! Ich habe für Dich eine Übersicht vorbereitet, die Dir die phänologischen Leitphasen, ihre Zuordnung zu den Monaten des „normalen“ Kalenders und die wichtigsten Erscheinungen in der Pflanzen- und Tierwelt zeigt. Damit kannst Du Dich durchs Jahr orientieren. Versuch´es mal, es ist wirklich gar nicht schwer!

Hier kannst Du die Übersicht herunterladen.

Diese Erscheinungen sind auch für Kinder leicht zu erkennen und zu beobachten. Im Unterschied zu unserem einfachen Kalender, der im Prinzip vier Jahreszeiten kennt, umfasst der phänologische Kalender allerdings zehn Jahreszeiten, die alle unterschiedlich lang sind. Die Aufzeichnungen der jeweiligen Phänomene geht je nach Region in Deutschland teilweise hunderte von Jahren zurück, wodurch die Phänologie eine große Genauigkeit entwickelt hat.

Wenn Du zusammen mit Deinem Kind ganz bewusst Ausschau hältst nach den Veränderungen, die das Weiterschreiten der Jahreszeiten anzeigen, dann hilfst Du Ihm, einen Sinn für die Rhythmen der Natur zu entwickeln, die uns Menschen seit Jahrtausenden Sicherheit und Orientierung geben.


  • Vielen Dank für die Tips! Beim nächsten Spaziergang werde ich mit den Kindern die Augen offen halten, und schauen, wo sich der Frühling in der Stadt schon bemerkbar macht.

    • Danke! Oft sehen die Kinder viel mehr als wir Erwachsenen (oder eben noch ganz andere Dinge & Details) – ich frage mich manchmal, ob das daran liegt, dass sie ihre Köpfe und Augen eben auch noch viel näher am Boden haben… ;-)

  • Wie leicht vergessen wir die einfachen, kleinen Dinge in unseren Alltag einzubauen und ihnen Aufmerksamkeit zu schenken. Und es kostet nichts, außer Zeit und die ist gut investiert!
    Danke fürs Erinnern. Monika

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